Anspruch

Das Wohnungsbauunternehmen ist spät dran mit der Betriebskostenabrechnung. Der Twitter-Accout @KottiU erteilt einen Rat:

Ich habe nicht geprüft, ob das, was @KottiU empfiehlt, auch rechtlich einwandfrei ist. Als Strafverteidiger ist mir das Mietrecht fremd.

Aber ich frage mich als Mieter: Wenn es denn so wäre, dass die Vermieterin keinen Anspruch mehr auf eine Nachzahlung hat, ist es in Ordnung, wenn man die Zahlung dann auch verweigert? Oder soll der Mieter die Betriebskostenzahlung leisten, auch wenn die – unterstellt korrekte – Abrechnung eigentlich zu spät kommt?

Dabei habe ich im Hinterkopf, dass die Vermieterin dafür gesorgt hat, dass der Hof gefegt und die Treppen geputzt sind, das Licht im Flur funktioniert und die Gegensprechanlage in Ordnung gehalten wird. Die Vermieterin hat also zu Gunsten des Mieters eine Leistung erbracht – darf er dennoch die Gegenleistung verweigern?

Rechtlich gesehen mag das so sein. Aber ist ein solches Verhalten auch ethisch vertretbar?

Drehen wir das doch mal rum. Der Mieter hat einen Anspruch auf Rückzahlung eines versehentlich zuviel gezahlten Betriebskostenvorschusses, vergisst den Anspruch eine zeitlang und reklamiert zu spät die Rückforderung. Was wäre dann von der Vermieterin zu halten, wenn sie sich auf die Verjährung beruft und eine lange Nase macht? (Ja, auch für diesen umgekehrten Fall gibt es gesetzliche Regeln; aber auch ethische.)

Ich halte ein faires Miteinander auf Dauer für sinnvoll, wenn man auf die Fortsetzung einer Vertragspartnerschaft Wert legt. Tricksereien und das Berufen auf Förmeleien sollte denen vorbehalten bleiben, denen das „ICH“ wichtiger ist als das „WIR“.

Wenn ich hin und wieder unseren Vermieter zufällig im Hof treffe, habe ich kein Problem damit, mit ihm gemeinsam ein Bier oder ein Caffè zu trinken. Auch wenn ich seit über drei Jahrzehnten monatlich viel Geld an ihn überwiesen habe. Weil das meine Gegenleistung dafür ist, dass er mir seine (sic!) Wohnung dafür überlässt.