beA – Absurdidäten

Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ist eine Quelle dauerhaften Ärgernisses. Ein Fortbildungsangebot der RAK Berlin offenbart dessen Absurdität.

Das beA soll dazu dienen, einen sicheren Austausch von digitalisierten Daten zu gewährleisten. Für die Herstellung dieses Versand- und Empfangsprogramms haben wir Rechtsanwälte bereits einen Millionenbetrag gezahlt.

Bekommen haben wir dafür ein Instrument, das in der Praxis nur unter Androhung empfindlicher Übel genutzt wird, § 31a Abs. 6 BRAO. Weil das Programm den normal begabten Anwender (quasi also jeden Rechtsanwalt, der kein Informatik-Studium absolviert hat) überfordert.

Für den Betrieb dieser althergebrachten (sic!) Technologie erhebt die BRAK nach eigenen Angaben einen jährlichen Beitrag von voraussichtlich 65 bis 70 Euro für jeden der ca. 164.500 Berufsträger von den regionalen Rechtsanwaltskammern. Das sind 11,5 Mio. Euro. Jedes Jahr.

Der DeutscherAnwaltVerein hat weitere Kosten ermittelt:

Damit man mit dieser Software arbeiten kann, muss sie aber erst einmal auf den Kanzleirechnern installiert werden. Selbst Anwender, die kein Problem damit haben, einen neuen Rechner mit einem komplett neuen Betriebssystem aufzusetzen und Netzwerke zu pflegen, sind mit dieser Installation überfordert. Die Kosten für die Installation durch einen IT-Dienstleister dürften fast im vierstelligen Bereich liegen.

Aber auch die alltägliche Nutzung ist ein einziges Trauerspiel. Bevor man einen selbst erstellten Schriftsatz an ein Gericht oder an die Staatsanwaltschaft übermitteln kann, muss der gemeine Anwender erst einmal eine Fortbildung absolvieren.

Dafür bietet beispielsweise die Berliner Rechtsanwaltskammer gleich drei Veranstaltungen an:

Einmal abgesehen von den Kosten für diese Bedienungsanleitungen in Höhe von 485 Euro soll der doppelt examinierte Auszubildende sich 12 Stunden lang erklären lassen, wie man PDF-Dokumente ans Gericht schickt und wie man Post vom Gericht entgegen nimmt.

Allein schon dieses Fortbildungsangebot (pdf) belegt die Absurdität dieses Projekts „beA“.

Der Vorteil allerdings besteht darin, dass man nach der Teilnahme auch zuverlässig in der Lage ist, den monatlichen Spam Newsletter der BRAK zu empfangen (mit einem Link auf die Seite, von der man sich den Newsletter dann downloaden kann).

Meine Kanzlei ist seit 1996 stets mit der aktuellen Technologie ausgestattet. Seit vielen (10 oder mehr) Jahren arbeiten wir (nahezu) mit digitalisierten Akten. In all den Jahren habe ich mich noch nie so sehr und dauerhaft über eine Softwarelösung geärgert wie über dieses millionenschwere Machwerk (das zudem dafür kritisiert wird, nicht so sicher zu sein, wie es zu erwarten gewesen wäre).

Gegen jeden Ladendieb oder Schwarzfahrer wird strafermittelt; manch einer wird auch einsperrt. Die Verantwortlichen für das beA hingegen laufen immer noch frei rum.

3 Kommentare

  1. Beim Anwaltsverlag sieht das so aus:

    beA – aktive Nutzungspflicht
    Teil A: Einreichung von Schriftsätzen als elektronische Dokumente
    Teil B: Zustellungen via beA ab 01.01.2022
    Teil C: Nachrichten im beA erstellen und versenden
    Teil D: eEB im beA anfordern/abgeben/ablehnen und weitere Funktionen
    Teil E: Mitarbeiter und Vertreter im beA anlegen

    Preis: jeweils EUR 89,00 netto = EUR 105,91 brutto

    Quelle: DeutscherAnwaltVerlag

    • Macht in summa 445,00 Euro und 7,5 h Zeitaufwand. Es ist hier wie dort nicht zu fassen! crh
  2. Nun ja, die Installation der BEA client security – die einzige für die Nutzung zwingend nötige Software – ist allerdings keineswegs schwierig oder eine Überforderung, das ist in wenigen Minuten selbst von unbedarften Anwendern erledigt. Eine Signatursoftware ist nicht nötig, eine Signatur kann im BEA direkt erzeugt werden.
    Den übrigen Punkten stimme ich zu, die Bedienung des BEA selbst ist zwar einfach, nicht aber die Abläufe zum korrekten Versand und vor allem der Prüfung, ob dieser auch erfolgreich war; das ist schon absurd, was da verlangt wird.
    Nur hilft alles Jammern nichts, wir müssen mit dem Murks halt irgendwie klarkommen.
    Bemerkenswert ist allerdings m. E. schon, dass gerade im Bereich dieser sehr sensiblen und besonders geschützten Informationen eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung nicht für nötig gehalten wurde und wird und dies auch gerichtlich bestätigt wurde.

  3. Das Absurde ist doch dass die Mehrheit der Anwälte mit dem beA Probleme hat, es aber nicht schafft, ihren gewählten Vertretern in den Kammern zu vermitteln, dass dies so nicht geht.

    • Die Schwierigkeit bestand und besteht in der stumpfen Uneinsichtigkeit der Funktionäre in der BRAK, die mit der Aufgabe, ein funktionierendes und brauchbares System zu schaffen, augenscheinlich maßlos überfordert waren.
       
      Nachdem die Herrschaften die Millionenbeträge, die man ihnen dafür anvertraut hatte, beim „europäischen Marktführer für Cybersecurity sowie Cloud und High Performance Computing“ versenkt hatten, war das Kind nicht mehr aus dem Brunnen zu holen, wollte man es nicht dabei völlig aus dem Leben bringen. Nun vegitiert es da unten herum und man unternimmt permanent weitere Rettungsversuche.
       
      Im übrigen verweise ich auf den Schuster, der schon immer die schlechtesten Schuhe trug. crh

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