Das beA und die Arroganz der Funktionäre

Manche Software ist schon für sich genommen schon ein digitalisiertes Ärgernis. Wenn die dafür Verantwortlichen dann selbst nicht wissen, wie man mit ihrem eigenen Digitalmüll umgehen sollte, wird es ungemütlich.

Das Konzept der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) für die Entwicklung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) war von Anbeginn nicht geeignet, den Nutzern das Leben und Arbeiten zu erleichtern. Insbesondere Rechtsanwälte, deren Kanzleien bereits über eine funktionierende digitale Infrastruktur verfügten, wurden gezwungen, mit einer Software umzugehen, die schon viele Jahre zuvor als überholte Technik gegolten hätte.

Trotz substantiierter Kritik von allen kompetenten Seiten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln hielten diejenigen, die von sich behaupten, Interessenvertreter der Anwaltschaft zu sein, krampfhaft an dem Programm fest. Die Anwälte hatten keine Chance: Sie mussten sich mit der umständlichen und nutzerfeindlichen Software arrangieren.

Zwischenzeitlich haben wohl die meisten Rechtsanwälte Routinen entwickelt, um die klopsige Anwendung irgendwie in den Kanzleialltag zu integrieren.

Strafverteidiger hatten und haben damit weniger Probleme – das beA wird so gut wie nicht genutzt; Strafgerichte und Staatsanwaltschaften können mit dem ganzen elektronischen Teufelszeug scheinbar ohnehin nicht umgehen.

In meiner – volldigitalisierten – Kanzlei sind seit Inbetriebnahme des beA im November 2016 daher keine zehn(!) ernstzunehmende Zusendungen über das Postfach eingegangen, die Tests-Mails und freundlichen kollegialen Grüße einmal ausgenommen.

Für meinen Postausgang werde ich das beA erst dann regelmäßig nutzen, wenn mir bei Nichtnutzung empfindliche Übel angedroht werden. Bis dahin stehen mir wesentlich komfortablere Möglichen für den Versand zur Verfügung.

Derzeit erhalte ich regelmäßig im monatlichen Turnus eine solche Nachricht:

Wenn ich nicht risikieren will, dass ich doch einmal irgendwas Wichtiges ignoriere, bin ich gezwungen, mich in dieses beA umständlich einzuloggen.

Mit viel Zeit und Geld ist es mir gelungen, das Postfach in meine Anwaltssoftware zu integrieren. Damit muss ich wenigstens nicht mehr mit dieser noch viel unerträglicheren „beA Client Security“ über einen Browser arbeiten.

Nach doppelter(!) Eingabe eines sechsstelligen Zahlencodes in den eigens für das beA angeschafften Kartenleser komme ich ins System und erhalte die folgende Information:

Die Kollegin Dr. Tanja Nitschke schickt mir per beA einen Newsletter!

In diesem PDF-Dokument sind dann zwei Links auf die BRAK-Mitteilungen (https://www.brak-mitteilungen.de/flipbook/mitteilungen/) und auf das BRAK Magazin (https://www.brak-mitteilungen.de/flipbook/magazin/), die ich mir dann im Internet ansehen oder herunterladen kann.

Ob ich diese beiden durch Werbung mitfinanzierte Hochglanzzeitungen lese und deren Inhalte zur Kenntnis nehme, ist mir freigestellt. Es besteht auch für die RAK keine Notwendigkeit, den Zugang dieser Veröffentlichung nachweisen zu müssen.

Auf meine Anregung, für diese Informationen – also die beiden Downloadlinks – daher den üblichen Versandweg per eMail zu wählen und das beA nur für vertrauliche und/oder zustellungskritische Dokumente und Zuschriften zu nutzen, reagiert die Schriftleiterin Dr. Nitschke mit der nur Funktionären eigenen sturen Überheblichkeit.

Die Funktionäre der BRAK und das beA, eine unheilige Allianz, mit der sich Rechtsanwälte irgendwie arrangieren müssen.

Photo („Trash“) by Donald Giannatti on Unsplash

Fehleranfälliges Altpapier

Routine soll die Arbeit erleichtern. Allerdings hilft es nicht, wenn die Routine fehlerhaft oder, wie in diesem Fall, fehleranfällig ist.

In einer überschaubaren Wirtschaftsstrafsache habe ich meinen Standardtextbaustein „VertAnz“ an die Ermittlungsbehörde geschickt:

… ich zeige an, dass mich Herr Gottfried Gluffke mit seiner Verteidigung beauftragt hat, versichere anwaltlich meine ordnungsgemäße Bevollmächtigung und beantrage Akteneinsicht.

Damit kam die Sache in Gang. Die Staatsanwaltschaft war aber am Ende leider nicht davon abzuhalten, beim Amtsgericht den Erlass eines Strafbefehls zu beantragen.

Die zuständige Richterin hatte mit dem Antrag und der weiteren Verfügung erst einmal wenig Aufwand. Sie nutzte den auf Altpapier gedruckten Standardzettel, um die Zustellung des „mit/ohne Korrekturen“ erlassenen Strafbefehls bei ihrer Geschäftsstelle in Auftrag zu geben.

Weisungsgemäß erhielt Herr Gluffke den Strafbefehl mit formlos mit einfacher Post; mir als Verteidiger wurde er förmlich gegen EB (Empfangsbekenntnis) zugestellt.

Der geneigte Leser mag seinen Blick noch einmal auf meine Verteidigungsanzeige werfen: Eine „schriftliche Vollmacht“ war ihr nicht beigefügt.

Der zweite Blick gehe ins Gesetz, § 145a StPO:

Der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, sowie der bestellte Verteidiger gelten als ermächtigt, Zustellungen und sonstige Mitteilungen für den Beschuldigten in Empfang zu nehmen.

Es gibt in der Akte keine auf mich lautende schriftliche Vollmacht. Deswegen liegt eine formell wirksame Zustellung nicht vor.

Das bedeutet, dem Gericht wird es schwerfallen, die ordnungsgemäße Zustellung des Strafbefehls nachzuweisen – sofern die Verteidigung diesen Fehler ausnutzt.

Wenn Verteidiger und Angeklagter schlicht schweigen auf die Frage, ob dem Angeklagten der Inhalt des Strafbefehls bekannt ist, fehlt es an einer essenziellen Prozessvoraussetzung.

Damit steht die Tür für ein fruchtbares Gespräch mit der Richterin einer völlig überlasteten Wirtschaftsabteilung beim Amtsgericht sperrangelweit offen:

Entweder man findet jetzt ein einvernehmliches Ende des Verfahrens. Oder der anberaumte Termin platzt – mit der Folge, dass der Strafbefehl noch einmal, diesmal dem Angeklagten, zugestellt und erneut terminiert werden muss. Anschließend müssen alle Beteiligten erneut geladen werden. (Ich habe es auch schon erlebt, dass sich das ganze Spiel dann mit der Zustellung der Ladung noch einmal wiederholte.)

Diese Art der Verteidigunganzeige ohne Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist keine geheime Trickserei. Sondern dies beruht einfach auf meinem Wunsch, nicht als Zustellungsbote für das Gericht zur Verfügung stehen zu wollen. Dafür werde ich von meinem Mandanten nicht bezahlt.

Ich verstehe auch nicht, dass dieser Fehler von vielen Richter immer wieder gemacht wird. Er wäre locker vermeidbar, z.B. wenn das größte deutsche Amtsgericht mit zeitgemäßen Arbeitsmitteln ausgestattet wäre. Ein solcher Schmierzettel ist nun einmal fehleranfälliger als eine softwaregestützte Aktenführung:

Die Geschäftsstelle gibt obligatorisch per Mausklick bei der Aktenanlage ins System ein:

  • Verteidigungsanzeige mit Vollmacht [_]
  • Verteidigungsanzeige ohne Vollmacht [x]

Dann kann die Richterin nichts falsch machen, wenn sie eine Zustellung verfügt:

  • Wenn Vollmacht (+), dann Zustellung per Empfangsbekenntnis an Verteidiger.
  • Wenn Vollmacht (-), dann Zustellung per Postzustellungsurkunde an Angeklagten.

Solange aber mit vorsintflutlichen Mitteln gearbeitet werden muss, ist mit Fehler zu rechnen, die nicht zur Entlastung des Gerichts beitragen. Und die von Verteidigern zugunsten ihrer Mandanten genutzt werden (müssen).

Bild: shorpy.com

Selbstbefriedigendes Klagen

Seit Samstag gibt es sie nun, die Bundesnotbremse:

Das Gesetz wurde am 13.04.2021 vom Kabinett und am 21.04.2021 vom Deutschen Bundestag beschlossen. Am 22. April hat sich der Bundesrat damit befasst. Am 23. April ist das Gesetz in Kraft getreten. Das erste Mal greift das Gesetz also am 24.04.2021.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

Wie der mitzuteilende Beziehungsstatus bei Facebook ist auch das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (4. BevSchG) komplifiziert.

Wer genau wissen möchte: „Was gilt ab einer Inzidenz von 100 für Bürgerinnen und Bürger?“ und: „Was darf öffnen, was muss schließen bei einer Inzidenz über 100?“ kann sich in den FAQs des Bundesgesundheitsministeriums informieren; sie sind auch für Nichtjuristen einigermaßen verständlich formuliert.

Es war vorhersehbar, dass einigen Menschen die Einschränkungen nicht gefallen. Deswegen sind die eingereichten Verfassungsbeschwerden inkl. der entsprechenden Eilanträge nicht überraschend.

Die „Klagewelle“

Was mich nachdenklich macht, ist jedoch die relativ hohe Anzahl der Beschwerden, die teilweise unter großem medialen Getöse nach Karlsruhe geschickt wurden.

Wenn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auch nur einer einzigen Verfassungsbeschwerde stattgeben, ist das 4. BevSchG Geschichte.

Man könnte nun auf die Idee kommen, einfach diejenigen machen lassen, die etwas davon verstehen. Ich denke da zum Beispiel an Ulf Buermeyer und/oder die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).

Alle anderen lehnen sich entspannt zurück, unterstützen die GFF finanziell oder intellektuell und drücken den professionellen Beschwerdeführern die Daumen.

Mir drängt sich der Verdacht auf, dass es den zahlreichen anderen Beschwerten gar nicht zuerst um die Beseitigung einer in ihren Augen verfassungswidrigen Rechtsnorm geht. Sondern um Darstellung und Befriedigung ihres jeweils eigenen Egos.

Das BVerfG wird die Klagen und Anträge ohnehin zusammenfassen, um eine einheitliche Entscheidung für alle zu treffen. Und dann ist es für die Sache vollkommen Wurst, wer als Beschwerdeführer im Rubrum des Beschlusses (oder später des Urteils) steht.

Photo by Brent Storm on Unsplash

Desinformationsjournalismus

Nun ja, der Fuckten-Fuckten-Fuckten-Focus ist nicht gerade in einer Sternstunde der Nachrichtenmagazinmacher entstanden. Und die Journalisten, die für das Blatt schreiben, müssen ja auch irgendwovon leben. Es sei ihnen gegönnt.

Es gibt aber auch Grenzen. Und Grenzgänger. Jan Fleischhauer ist so einer, der „seine Aufgabe darin sieht, einer Weltsicht Stimme zu verleihen, von der er meint, dass sie in den deutschen Medien unterrepräsentiert ist. Also im Zweifel gegen Herdentrieb, Gemeinplätze und Denkschablonen.(*)“

Aber nun konkret zu dem, was er am 24.04.2021 im Focus geschrieben hat.

Bereits im Teaser seiner Kolumne über die Bundesnotbremse (4. BevSchG) beginnt Fleischhauer seine aufwiegelnde Deinformationskampagne:

Fünf Jahre Gefängnis, weil man in der Öffentlichkeit eine Cola trinkt oder sich nach Einbruch der Dunkelheit draußen die Beine vertritt.

Dummheit kann man dem ausgebildeten Journalisten nicht unterstellen; also was ist es dann, dass ihn dazu treibt, einen solchen Unsinn zu schreiben?

Der Autor weiß, dass § 74 IfSG eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorsieht. Er wird auch Kenntnis davon haben, dass es sich dabei um einen Strafrahmen handelt, der einem Gericht die Möglichkeit vermittelt, die Art und Höhe der Strafe dem Maß des Verschuldens anzupassen.

Konkret heißt das: Für eine Kleinigkeit würfelt der Richter eine Strafe am unteren Ende des Rahmens aus. Für die dicken Dinger geht er an den oberen Rand.

Cola trinkend sich die Beine zu vertreten ist ein Fall für die ganz untere Ebene, wenn nicht gar ein Fall für die Opportunitätslösung der §§ 153, 153a StPO.

Das ist dem Unterrepräsentanten des Qualitätsjournalismus alles bewusst. Und dennoch gibt er mit einer solchen Überschrift seinen Fan-Affen Futter. Und gibt Öl in das Feuer, an dem sich die querdenkenden Covidioten wärmen können (und sollen?). Hetzen und Brandstiften sind hier zwei Begriffe, die gut dazu passen.

Fleischhauer schreibt:

Ich habe mir die Paragrafen genauer angesehen.

Das hat er nicht!

Denn wenn er sich die Mühe eines gewissenhaft arbeitenden Journalisten gemacht hätte, wäre ihm aufgefallen, dass die Strafvorschrift des § 74 IfSG für das colatrinkende Spazierengehen nach der Sperrstunde gar nicht anwendbar ist!

Stattdessen muss nach § 73 Abs. 1a Ziff. 11b IfSG nur mit einem Bußgeld (keine Strafe!) rechnen, wer „entgegen § 28b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erster Halbsatz sich außerhalb einer Wohnung, einer Unterkunft oder des jeweils dazugehörigen befriedeten Besitztums aufhält.“ Es handelt sich also um eine schlichte Ordnungswidrigkeit.

Auch wenn man ein wenig im Gesetz blättern muss, schafft es ein Sekundarstufe-1-Schüler locker, den korrekten Inhalt diesen Vorschriften zu entnehmen. Also kann man das erst Recht von einem vermeintlich ausgebildeten Journalisten erwarten. Zumindest von einem, der gewisse Qualitätsansprüche an seine eigene Arbeit stellt.

Die Cola nach Sonnenuntergang führt also nicht für 5 Jahre in den Knast, weder nach der einen, noch nach der anderen Vorschrift, sondern allenfalls zu einem gemäßigten Bußgeld.

Wenn meine Hypothese von dem Vorhandensein eines gewissen Mindestmaßes an Intelligenz bei Jan Fleischhauer zutreffen sollte, dann ist das, was er da in diesem Focusblatt sich zusammemgebastelt hat, das Werk eines üblen Hetzers und Brandstifters.

Der Anstand verbietet es mir, ihm einen vierwöchigen notwendigen Anschluss an eine Beatmungsmaschine in der Charité zu wünschen. Fünf Jahre Knast wären aber auch nicht schlecht … dann bliebe den (Focus-)Lesern ein solcher Mist erspart.

Bild: Günter Havlena / pixelio.de

Testen statt popeln

Wie man kleine (und vereinzelt auch große) Menschen zum Testen motiviert. Wer popelt schon nicht mal gern zwischendurch? Dann kann man auch gleich mal ein Teststäbchen hinterher reinschieben.

Nicht mein Richter!

Urteile und Beschlüsse sind Entscheidungen des Gerichts. Nicht die eines Richters. Er ist „nur“ der Verkünder der gerichtliche Entscheidung.

Das ist grundsätzlich auch eine gute Sache. Weg von der subjektiv-persönlichen Ebene und hin zu einer objektiv-sachlichen Distanz.

Nun gibt es aber ein paar Entscheidungen, die man vielleicht nicht dem Gericht zuordnen möchte.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es beispielsweise der Direktorin des Amtsgerichts Weimar Carolina Brauhardt oder der Richterin Inez Gloski, Mediensprecherin beim Amtsgericht Weimar, nicht gefallen dürfte, mit dem Richter in einen Topf geworfen zu werden, der als Familienrichter eine Entscheidung (Beschl. v. 08.04.2021, Az. 9 F 148/21) zu den Infektionsschutzmaßnahmen an zwei Weimarer Schulen erlassen hat, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nun überhaupt nichts mehr gemein hat.

Wenn ich lese, dass das „AG Weimar“ diese unfassbare einstweilige Anordnung erlassen hat, denke ich, dass es in diesem Fall besser für die Reputation dieses kleinen, schnuckeligen Amtsgerichts in Thüringen gewesen wäre, wenn hier der Name dieses unsäglichen Schwurblers in Robe genannt würde und nicht der des Gerichts.

Es gibt durchaus gewichtige Stimmen, insbesondere aus der Richterschaft, die – für den Kundigen gut erkennbar – darüber nachdenken, ob dieser Richter am Amtsgericht Weimar sich eines Verbrechens strafbar gemacht haben könnte.

Die mutmaßlich von der Richterin Inez Gloski verfasste Presseerklärung des Amtsgerichts Weimar vom 12.04.2021 ist (leider?) vornehm zurückhaltend:

Am 08.04.2021 hat ein Einzelrichter des Amtsgerichts Weimar als Familienrichter im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung zu den Infektionsschutzmaßnahmen an zwei Weimarer Schulen erlassen.

Die 192 Seiten umfassende Entscheidung des Einzelrichters weist als Verfahrensbeteiligte zwei minderjährige Kinder, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, sowie den durch den Einzelrichter bestellten Verfahrensbeistand auf.

Der Einzelrichter ist davon ausgegangen, dass die Überprüfung von Infektionsschutzmaßnahmen zur Zuständigkeit der Familiengerichte gehört und hat die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges verneint.

Als Rechtsgrundlage für die Begründetheit seiner Entscheidung hat der Einzelrichter § 1666 BGB angewandt.

Das Lüften der Klassenzimmer hat der Einzelrichter nicht untersagt.

Der Beschluss ist grundsätzlich nicht anfechtbar. Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, ist auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden.

Bemerkenswert ist, dass diese Presseerklärung gleich auf der ersten Seite des Gerichts veröffentlicht wurde. Ich werte das als ein Zeichen dafür, dass das dortige Richterkollegium diese Entscheidung nicht mittragen, sondern sich damit von diesem „Kollegen“ distanzieren wollen.

Ich zitiere einen Richter (nicht aus Weimar), der sich weit weg von diesem Richter und seinesgleichen stellt:

Sie beugen das Recht ihrem Willen und sollten alle rechtsstaatlichen Konsequenzen tragen. Deswegen erstatte auch ich morgen Strafanzeigen. Das sind nicht meine Kollegen!

In dem dann einzuleitenden Strafverfahren wird nicht gegen das Amtsgericht Weimar ermittelt, sondern gegen diesen Richter in persona. Das Ende wird vermutlich nicht eine Verurteilung stehen, aber es wird das Ende der Karriere dieses Juristen sein. Und das ist auch gut so.

Bildrechte beim Thüringer Oberlandesgericht


Kein Potenzial

Als Selbstständiger und Freiberufler hat man es in diesen Zeiten wirklich nicht leicht. Jedenfalls nicht bei der Postbank.

Ich bin in meinem Privatleben schon seit gefühlten hundert Jahren Kunde dieser Postbank.

Und als solcher bekomme ich auch Werbung dieses Geldinstituts.

Die Postbank will mir Geld aufschwätzen – gegen Geld selbstverständlich. Ich wollte mir das mal angeschauen und habe unter meine.postbank.de/#/extras/kreditpotential diese Vorteilsankündigung gefunden.

Gute Sache, wenn man weiß, welche Potenziale in einem stecken. Dachte ich. Ich habe die Kreditpotentialermittlungen aufgenommen.

Aber bereits bei dem ersten der wenigen Schritte bin ich aufgelaufen:

Damit gehöre ich als Freiberufler zur derselben Risikogruppe, in die Postbanker auch Arbeitslose subsumieren.

Tja, in einem Strafverteidiger steckt ganz offensichtlich kein Potential.

Gewissensfragen

Es gibt eine Standardfrage an den Strafverteidiger: Wie kann er es mit seinem Gewissen vereinbaren, einen Straftäter zum Freispruch zu verhelfen? Oft in der Kneipe nach dem dritten Bier gestellt. Deswegen heißt sie auch Partyfrage.

Diesmal wurde sie – mutmaßlich nüchtern – in einem Kommentar zu einem Blogbeitrag gestellt.

Die Verteidigung gegen einen Vorwurf, sich strafbar gemacht zu haben, war erfolgreich. Das Verfahren wurde eingestellt, weil die meinem Mandanten zur Last gelegte Tat verjährt war. Er hatte sich ein paar Jahre vor den Strafverfolgern versteckt.

Stefan A. reklamiert nun, dass ein Drogendealer nicht bestraft werden konnte, weil er sich der Hilfe eines Strafverteidigers bedient hatte.

Den Staatsanwalt und den Richter kritisiert er nicht, obwohl diese eine Strafverfolgung erst in Gang und dann fortgesetzt hatten, obwohl es dafür keine gesetzlich Grundlage gab. Mein Mandant war kein „Drogendealer“; und auch sonst hatte er sich nicht strafbar gemacht.

Ist es gewissenlos, wenn der Verteidiger darauf achtet, dass die Spielregeln (also das Prozessrecht) eingehalten werden, deren Aufgabe es ist, den Staatsbürger vor Übergriffen der Staatsgewalt zu schützen?

Der Strafverteidiger ist kein Strafvereiteler, sondern ein Aufpasser und der Garant für ein rechtsstaatliches Verfahren.

Schwierigkeiten mit dem Gewissen“ sollte man immer dann bekommen, wenn man die Ausübung von staatlicher Gewalt unkontrolliert geschehen lässt.

An dieser Stelle möchte ich an einen fast 150 Jahre alten Text erinnern:

Die Form ist die geschworene Feindin der Willkür, die Zwillingsschwester der Freiheit. Denn die Form hält der Verlockung der Freiheit zur Zügellosigkeit das Gegengewicht, sie lenkt die Freiheitssubstanz in feste Bahnen, daß sie sich nicht zerstreue, verlaufe, sie kräftigt sie nach innen, schützt sie nach außen. Feste Formen sind die Schule der Zucht und Ordnung und damit der Freiheit selber und eine Schutzwehr gegen äußere Angriffe, – sie lassen sich nur brechen, nicht biegen.

Dr. Rudolf von Ihering, Kampf um’s Recht, 1872

Die Einstellung des Verfahrens ist ein Erfolg für den Rechtsstaat, ein Sieg über die Willkür. Und nur nebenbei auch erfreulich für den Mandanten.

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Automatikwurst

Was macht der Mensch, der nachts Appetit auf ein Stück Wurst oder bekommt und sein Kühlschrank einen auf vegan macht?

Richtig: Er geht an den Wurstautomaten:

Die Metzgerei Gütelhöfer in meiner Heimatstadt Siegen lässt den Genießer auch außerhalb der Öffnungszeiten nicht im Stich.

Nebenbei ist so eine Kiste auch in Coronazeiten nicht die verkehrteste Idee.